Der Begriff Scherbendruck beschreibt Druckspannungen, die in spröden Werkstoffen wie Beton, Naturstein oder Mauerwerk lokal in und zwischen Bruchstücken entstehen. Diese lokal konzentrierten Kontaktspannungen prägen Bruchbilder, Abplatzungen und die Größe von Fragmenten. Im Betonabbruch, im Felsabbruch und im Tunnelbau beeinflusst Scherbendruck maßgeblich, wie sich Bauteile oder Gesteinskörper unter mechanischer Einwirkung trennen. In der Praxis wird Scherbendruck durch das Zusammenspiel aus Werkzeuggeometrie, Kraftverlauf und Randbedingungen erzeugt und gesteuert – etwa beim Zerkleinern mit Betonzangen oder beim kontrollierten Spalten mit Stein- und Betonspaltgeräten. Weitere Details bietet Stein- und Betonspaltgeräte im Überblick.
Definition: Was versteht man unter Scherbendruck
Scherbendruck sind lokal wirksame Druckspannungen, die an Kontaktflächen von Bruchstücken (Scherben) sowie in unmittelbar angrenzenden Zonen eines spröden Werkstoffs auftreten. Sie entstehen, wenn Lasten, Keilkräfte oder Zangenkräfte Bruchflanken gegeneinanderpressen. Scherbendruck führt zu Quetschungen, Mikrorissbildung und sekundärer Fragmentation (Abplatzungen, Splitter), beeinflusst den Verlauf von Rissen und entscheidet darüber, ob ein Bauteil in wenige große oder viele kleine Fragmente zerfällt. Er steht in enger Wechselwirkung mit Spaltzugspannungen, Schubbeanspruchung und Reibung an Kontaktflächen.
Mechanische Grundlagen und Wirkprinzipien
Die Mechanik des Scherbendrucks ist geprägt von Kontaktpressung, Reibschluss und der Sprödbruch-Charakteristik von Beton und Gestein. Entscheidend sind die Druckfestigkeit der Matrix, die Korn-Matrix-Bindung und das Konfinement.
Kontaktpressung und Keilwirkung
Lokale Kontaktspannungen entstehen an Kanten, Kerben, Bohrlochflanken und Werkzeugauflagen. Keilkräfte – etwa durch Spreizkeile von Stein- und Betonspaltgeräten – erzeugen hohe radiale Drücke im Bohrloch, die Risse einleiten. Zwischen entstehenden Fragmenten bauen sich dabei Scherbendrücke auf, die Abplatzungen an freien Rändern begünstigen oder Rissverläufe umlenken.
Bruchbilder und Quetschzonen
Scherbendruck erzeugt typische Bruchbilder: Quetschzonen unter Druckpunkten, Kantenabplatzungen, Splitterkegel und Zerkleinerungszonen mit feinem Korn. Bei Betonzangen entsteht im Bereich der Zangenbacken eine Druck- und Quetschzone; Risse wachsen in Richtung geringer Zwangsbedingungen, während zwischen Fragmenten Reibung und Scherbendruck den Energieeintrag in die Zerkleinerung steuern.
Rolle der Bewehrung
Bewehrungsstahl beeinflusst Scherbendruck, indem er Rissöffnungen begrenzt und Fragmente zusammenhält. Dadurch steigen lokale Kontaktspannungen zwischen Scherben; gleichzeitig verändern Stäbe den Rissverlauf und können zu zusätzlichen Abplatzungen an Ankerpunkten führen.
Bedeutung im Betonabbruch, Felsabbruch und Tunnelbau
Im Rückbau von Betonbauteilen und im Fels steht die Minimierung unkontrollierter Abplatzungen im Vordergrund. Überhöhter Scherbendruck führt zu Splitterflug, erhöhtem Feinanteil und ungünstigen Bruchverläufen. Eine gezielte Einstellung des Kraftpfads – etwa durch Zangenstellung, Backengeometrie oder Keilorientierung – hilft, Risse definierter zu führen und Randbereiche zu schonen. Vertiefende Informationen finden sich unter Felsabbruch und Tunnelbau: Einsatzbereiche.
Steuern des Bruchverlaufs
Mit Betonzangen kann der Bruchverlauf durch langsamen Kraftaufbau, geeignete Angriffspunkte und abgestützte Lagerung beeinflusst werden. Stein- und Betonspaltgeräte nutzen radialen Spreizdruck aus Bohrlöchern; Bohrbild, Abstand, Tiefe und Keilorientierung entscheiden darüber, wie viel Scherbendruck an freien Kanten entsteht und wie groß die entstehenden Fragmente sind.
Einflussfaktoren auf Scherbendruck und Scherbenbildung
Die Ausprägung von Scherbendruck ergibt sich aus Material, Geometrie und Prozessparametern.
- Werkstoff: Druckfestigkeit, Spaltzugfestigkeit, E-Modul, Kornstruktur, Porosität, Feuchte und Alterung.
- Geometrie: Bauteildicke, Kantenabstände, Kerben, Bohrlochdurchmesser, Bewehrungsgrad.
- Belastung: Ansetzpunkt, Kontaktfläche, Anpressgeschwindigkeit, Spitzenkräfte, Konfinement.
- Umwelt: Temperatur, Feuchtegradienten, Frost-Tausalz-Einfluss, thermische Spannungen.
- Werkzeug: Backengeometrie und Verzahnung von Betonzangen, Keilwinkel und Spreizweg von Stein- und Betonspaltgeräten, Stabilität der Hydraulikaggregate.
Praxis: Scherbendruck gezielt nutzen und begrenzen
Ziel ist, Scherbendruck dort aufzubauen, wo er den Riss gezielt initiiert, und ihn dort zu begrenzen, wo Abplatzungen unerwünscht sind.
Einsatz von Betonzangen
- Angriffspunkte wählen: Abseits von empfindlichen Kanten ansetzen, um Kantenabplatzungen zu reduzieren.
- Kraftverlauf steuern: Progressiv anpressen; kurze Haltephasen begünstigen geordnete Rissbildung statt spröder Zertrümmerung.
- Backengeometrie nutzen: Breitere Kontaktflächen senken lokale Kontaktpressungen; profilierte Zähne erhöhen die Kerbwirkung gezielt.
- Bewehrung berücksichtigen: Schnitt- oder Trennfolge so planen, dass Rückhalteeffekte von Stäben keine unkontrollierten Scherbenpressungen verursachen.
Einsatz von Stein- und Betonspaltgeräten
- Bohrbild optimieren: Bohrlochabstand und -tiefe so wählen, dass Risse aufeinander zulaufen; das senkt Scherbendruck an freien Rändern.
- Keilorientierung beachten: Keilrichtung von sensiblen Bereichen weg ausrichten; damit werden Abplatzungen an Sichtflächen reduziert.
- Konfinement nutzen: In massigen Querschnitten darf höherer Spreizdruck eingesetzt werden, ohne übermäßige Splitterbildung zu provozieren.
- Kraftstufen und Taktung: Gestufter Spreizvorgang fördert Rissfortschritt mit geringerer Feinzerkleinerung.
Messung, Abschätzung und Dokumentation
Direkt lässt sich Scherbendruck selten messen; er wird über Bruchbilder, Fragmentgrößen und Prüfwerte abgeschätzt.
- Laborwerte: Einaxiale Druckfestigkeit, Spaltzugversuch und Punktlastindex geben Hinweise auf Zerkleinerungsneigung und Kontaktempfindlichkeit.
- Baustellenbeobachtung: Größe und Form der Scherben, Ausmaß der Kantenabplatzung, Staub- und Feinanteil.
- Indirekte Verfahren: Rückprallhämmer zur Homogenitätsprüfung, akustische Ereigniserfassung zur Rissfortschrittsbeurteilung.
- Dokumentation: Fotos der Bruchflächen, Bohrbilder und Werkzeugstellungen erleichtern die Optimierung nachfolgender Arbeitsschritte.
Anwendung in Entkernung und Schneiden
Bei Entkernungsarbeiten in Bestandsgebäuden muss Scherbendruck an angrenzenden Bauteilen gering bleiben, um Begleitschäden zu vermeiden. Eine Kombination aus vorgezielten Schwächungen (z. B. Sägeschnitte zur Kerbführung), moderatem Zangendruck und abgestützter Lagerung der Bauteile senkt Kontaktpressungen zwischen Scherben an empfindlichen Randzonen. Hydraulikaggregate mit feinfühliger Steuerung unterstützen einen kontrollierten, stoßarmen Kraftaufbau.
Natursteingewinnung und Sondereinsatz
In der Natursteingewinnung entscheidet der Umgang mit Scherbendruck über Blockqualität und Ausbeute. Ein günstiges Bohrbild mit passender Keilorientierung fördert glatte Spaltflächen und vermeidet übermäßige Randabplatzungen. Bei Sondereinsätzen – etwa in vibrationssensiblen Bereichen – sind kontrollierte, niederfrequente Prozesse mit moderaten Kontaktspannungen vorzuziehen, um Splitterflug zu begrenzen.
Typische Fehlerbilder und Abhilfe
- Übermäßige Kantenabplatzungen: Angriffspunkte weiter von freien Rändern wählen; Kontaktflächen vergrößern; Keilorientierung anpassen.
- Feinzerkleinerung statt Spaltbruch: Kraftanstieg zu steil; auf gestufte Last und längere Haltephasen wechseln.
- Rissumlenkung durch Bewehrung: Zangenfolge ändern; Stäbe frühzeitig freilegen oder trennen, um unkontrollierte Scherbenpressung zu vermeiden.
- Splitterschlag: Abschirmungen einsetzen, Arbeitsabstände vergrößern und Anpressgeschwindigkeit reduzieren.
Terminologie und Abgrenzung
Scherbendruck ist von Schubspannungen (Scherbeanspruchung) und von reiner Quetschung ohne Fragmentbildung abzugrenzen. In der Praxis treten diese Phänomene kombiniert auf: Lokale Kontaktpressung erzeugt Mikrorisse, die zu Spaltzugbrüchen führen; zwischen den entstehenden Scherben bauen sich wiederum Druckspannungen auf, die den weiteren Rissfortschritt und die Abplatzung an Kanten steuern.
Sicherheit, Emissionen und schonende Arbeitsweise
Scherbendruck kann Splitterflug und Staubentwicklung begünstigen. Geeignete Schutzausrüstung, Abschirmungen und staubmindernde Maßnahmen sind erforderlich. Geräuschemissionen lassen sich durch kontrollierten Kraftaufbau, passende Werkzeuggeometrie und angepasste Taktung der Hydraulik mindern. Hinweise zu rechtlichen Anforderungen sind stets allgemein zu verstehen; konkrete Schutzmaßnahmen sind an die jeweilige Baustellensituation anzupassen.





















