Der Reibungswinkel ist eine zentrale Kennzahl in der Geotechnik, im Beton- und Natursteinbereich sowie beim kraftschlüssigen Greifen, Spalten und Schneiden von Bauteilen. In den Einsatzbereichen Betonabbruch und Spezialrückbau, Entkernung und Schneiden, Felsabbruch und Tunnelbau, Natursteingewinnung sowie bei Sondereinsatz wirkt der Reibungswinkel unmittelbar auf Kraftübertragung, Stabilität und Prozesssicherheit. Für die Produkte der Darda GmbH – von Stein- und Betonspaltgeräten über Steinspaltzylinder bis hin zu Betonzangen, Scheren und Tankschneidern – bestimmt er, wie sicher Flächen aneinander haften, wie effizient Kräfte eingeleitet werden und wie kontrolliert Risse, Trennschnitte oder Spaltlinien entstehen.
Definition: Was versteht man unter Reibungswinkel
Der Reibungswinkel (innerer Reibungswinkel, φ) beschreibt den Zusammenhang zwischen Normalspannung und Schubspannung an einer Kontakt- oder Scherfläche. In der Praxis gibt er an, wie „griffig“ ein Material oder eine Fuge unter Belastung ist. Mathematisch ist er über den Reibungskoeffizienten μ verknüpft: μ = tan(φ), bzw. φ = arctan(μ). In der Bruchmechanik und Boden-/Felsmechanik wird der Reibungswinkel zusammen mit der Kohäsion c in das Mohr-Coulomb-Kriterium eingebunden: Schubfestigkeit τ = c + σ′ · tan(φ). Für Beton, Naturstein, Mauerwerk und auch für technische Kontaktpaarungen (z. B. Stahl-auf-Beton oder Hartmetall-auf-Gestein) erlaubt φ eine Abschätzung der maximal übertragbaren Schubkraft bei gegebener Normalkraft.
Einfluss auf Stein- und Betonspaltgeräte und Steinspaltzylinder
Beim Spalten wirkt der Reibungswinkel an mehreren Stellen gleichzeitig: zwischen Bohrlochwand und Spreizelement, zwischen Keilen/Zylindern und den Auflagerflächen sowie in der entstehenden Rissfuge. Ein hoher Reibungswinkel an der Bohrlochwand fördert das Halten der Spreizelemente und damit die wirksame Einleitung der Spaltkraft in den Block. Gleichzeitig soll die interne Gleitstelle der Keile möglichst geringe Reibung aufweisen, damit die hydraulisch erzeugte Kraft verlustarm in Spreizkraft umgewandelt wird. Die Kenntnis von φ beeinflusst daher Bohrlochdurchmesser, Oberflächenbeschaffenheit (Rauhigkeit), Ausrichtung zur Schichtung/Kluft, die erforderliche Kontaktpressung und die Wahl der Schrittfolge beim Spalten – für kontrollierte Rissführung in Betonbauteilen oder Natursteinblöcken.
Physikalische Grundlagen und Berechnung
Reibung entsteht aus mikroskopischer Verzahnung und Adhäsionsanteilen. Praktisch relevant sind zwei Zustände: statische Reibung (Haftreibung) mit dem Reibungswinkel φ_s und kinetische Reibung (Gleitreibung) mit meist kleinerem φ_k. Für Greif- und Schnittprozesse ist Haftreibung entscheidend, da sie das Verrutschen verhindert. Aus der Grundbeziehung F_max,Schub = μ · F_N folgt über μ = tan(φ), dass bereits kleine Änderungen von φ spürbare Auswirkungen auf die maximal übertragbare Schubkraft haben. In spröden Werkstoffen wie Gestein und Beton koppeln Rauheit, Fugenfüllung (Staub, Feinteile) und Feuchte den effektiven Reibungswinkel: trockene, aufgeraute Flächen weisen höhere φ-Werte auf als glatte, verstaubte oder nasse Flächen.
Bedeutung in Betonabbruch, Felsabbruch und Natursteingewinnung
Beim Betonabbruch und Spezialrückbau entscheidet der Reibungswinkel in Rissfugen und Kontaktzonen, ob Lasten abgetragen werden oder Bauteile unkontrolliert gleiten. In der Natursteingewinnung bestimmt φ, wie Bohrlochreihen und Spaltrichtung zu Schichtflächen oder Klüften ausgerichtet werden, damit sich der Spalt entlang bevorzugter Schwächezonen fortsetzt. Im Felsabbruch und Tunnelbau beeinflusst der Reibungswinkel von Kluftflächen die Standfestigkeit temporärer Blöcke. Eine maßvolle Erhöhung der Kontaktpressung (z. B. durch geeignete Anstellung von Spaltelementen oder durch Vorlast über Hydraulik) erhöht die nutzbare Reibkapazität und damit die Prozesskontrolle.
Reibungswinkel bei Betonzangen, Kombischeren, Multi Cutters und Stahlscheren
Greif- und Schneidwerkzeuge wie Betonzangen, Kombischeren, Multi Cutters und Stahlscheren übertragen Schneid- und Brechkräfte über backenseitige Kontaktflächen. Die minimale Greifkraft F_G,min ergibt sich aus der benötigten Prozesskraft F_P und dem Reibungskoeffizienten μ der Kontaktpaarung (z. B. gehärtete Zahnprofile auf Beton/Stahl): F_G,min ≈ F_P / μ (mit Sicherheitsbeiwert). Je größer φ ist, desto geringer fällt die erforderliche Greifkraft für sicheren Halt aus. Daraus leiten sich Anforderungen ab an:
- Oberflächenprofil der Backen (Zahnung, Verrippung) für höhere effektive Rauheit und damit größeren φ
- Saubere, trockene Kontaktflächen, um Adhäsion und Mikroverzahnung nicht zu beeinträchtigen
- Ausreichende Normalkraft aus dem Hydrauliksystem, um die maximal übertragbare Schubkraft zu erhöhen
- Geometrie der Bauteilkante (abgeplatzte Kanten verringern die effektive Auflage und damit φ-lokalisierte Tragfähigkeit)
Kontaktpaare und typische Reibungswinkel
Typische Orientierungswerte (je nach Rauheit, Feuchte, Belastungsgeschwindigkeit und Temperatur variabel):
- Beton auf Beton (rauh, trocken): φ ≈ 30–40°
- Beton auf Beton (glatt oder feucht): φ ≈ 20–30°
- Gestein (Granit/Gneis) auf Gestein, rauh: φ ≈ 35–45°
- Gestein auf Gestein, glatt/poliert: φ ≈ 20–30°
- Stahl auf Beton (trockene, angeraute Oberfläche): φ ≈ 15–25°
- Gummierte Einlagen auf Beton (trocken): φ ≈ 25–35°
Diese Werte dienen der groben Abschätzung. Für projektkritische Nachweise sind materialspezifische Versuche mit repräsentativen Oberflächen und Lasten anzusetzen.
Reibungswinkel im Bohrloch: Spaltprozesse sicher planen
Bei Stein- und Betonspaltgeräten sowie Steinspaltzylindern wirken Reibung und Kontaktpressung maßgeblich im Bohrloch. Wichtige Aspekte sind:
- Bohrlochqualität: Ausbrüche, Schlamm, Staub und Wasser verringern φ und können Zwickelversagen oder Schlupf begünstigen.
- Ausrichtung: Bohrlochlinie zu Klüften oder Bewehrung beeinflusst den Rissverlauf. Ein hoher Reibungswinkel an der Bohrlochwand stabilisiert die Kraftübertragung.
- Interne Gleitstellen: Keile/Abstützungen sollten geringe Reibung zueinander aufweisen, damit die hydraulische Energie nicht in Wärme/Reibarbeit verloren geht.
- Schrittfolge: Vorlasten, Entlastungen und sequentielles Anziehen mehrerer Bohrlöcher nutzen Unterschiede in φ und c, um Sollbruchlinien zu fördern.
Einflussfaktoren: Rauheit, Feuchte, Temperatur, Verschmutzung
Der effektive Reibungswinkel ist kein Materialkonstante, sondern umgebungsabhängig:
- Rauheit: Rauere Oberflächen erhöhen φ; polierte oder verschlissene Flächen verringern ihn.
- Feuchte/Wasserfilm: Mindert in der Regel μ und damit φ; Ausnahmen bestehen bei saugfähigen, rauen Oberflächen.
- Staub, Feinteile, Schlämme: Wirken als Trennschicht und verringern die Mikroverzahnung.
- Temperatur: Kann die Steifigkeit von Kontaktmaterialien (z. B. Gummieinlagen) verändern und damit φ beeinflussen.
- Belastungsgeschwindigkeit: Dynamische Vorgänge können zu Übergängen von Haft- zu Gleitreibung führen (φ_k < φ_s).
Hydraulikaggregate, Kräftehaushalt und Reibungswinkel
Hydraulikaggregate für Zangen und Zylinder liefern den Druck für Zylinder, Zangen und Scheren. Über die Geometrie der Aktoren wird daraus Normalkraft an der Kontaktzone. Da F_max,Schub ∝ tan(φ) · F_N, verbessert entweder ein größerer Reibungswinkel oder eine höhere Normalkraft die Kraftübertragung. In der Praxis werden beide Hebel genutzt: geeignete Kontaktflächen (Profilierung, Sauberkeit) erhöhen φ, während eine dem Material angepasste Hydrauliklast die notwendige F_N bereitstellt – ohne die Stabilitätsgrenzen des Werkstücks zu überschreiten.
Reibungswinkel in Beton und Mauerwerk
In Beton ist der Reibungswinkel eng mit der Rauheit der Rissfuge, dem Korngefüge und vorhandener Fugenfüllung verknüpft. Aufgerissene, verzahnte Fugen zeigen höhere φ-Werte als glatte Sägeschnitte. In Mauerwerk variiert φ zwischen Stein-Stein- und Stein-Mörtel-Fugen. Beim Spezialrückbau beeinflusst dies die Wahl zwischen Spalten, Zangenabbruch oder Schneiden: Wo niedriger φ und geringe Kohäsion vorliegen, lassen sich Trennschnitte mit geringerer Greifkraft kontrollierter führen; bei hohem φ tragen Rissfugen mehr, was für gezieltes Brechen genutzt wird.
Betonzangen im Entkernungs- und Schneideinsatz
Bei der Entkernung und beim Schneiden von Wand- und Deckenbereichen sichern Betonzangen für den Rückbau die Lage des Bauteils gegen Abrutschen. Der notwendige Greifdruck richtet sich nach der erwarteten Prozesskraft und dem φ der Kontaktflächen. Praktisch bewährt sich:
- Kontakte frei von Schlämmen und Schmierstoffen halten
- Passende Backenprofile für die jeweilige Bauteiloberfläche wählen
- Greifpunkte so setzen, dass der Lastangriff günstige Hebelarme hat (höhere F_N bei geringerer Hydrauliklast)
- Schubrichtung und mögliche Gleitfugen (Baukanten, Risslinien) einplanen
So lassen sich Gleitbewegungen reduzieren und Schnitte oder Brechvorgänge kontrolliert umsetzen.
Tankschneider und metallische Kontaktflächen
Bei Tankschneidern und Stahlscheren treten Kontaktpaarungen mit Metall auf. Stahl-auf-Stahl und Stahl-auf-beschichtetem Stahl weisen meist niedrigere φ-Werte auf als raue Mineraloberflächen. Für das sichere Ansetzen und Führen sind daher ausreichende Normalkräfte sowie formschlüssige Elemente (z. B. Anschläge, Stützgeometrie) wichtig, um sich nicht allein auf Reibung zu verlassen.
Sondereinsatz: Heterogene Materialien und beschichtete Flächen
In Sondereinsätzen mit Verbundbauteilen (Beton-Stahl-Verbund, beschichtete Betonflächen, faserverstärkte Matrices) können Beschichtungen und Verbundschichten den Reibungswinkel stark reduzieren. Hier empfiehlt sich eine konservative Annahme von φ, das Einplanen zusätzlicher Formschluss- oder Abstützelemente und, wo möglich, ein kurzer Vor-Ort-Reibversuch zur Kalibrierung.
Praktische Bestimmung: Feld- und Laboransätze
Für belastbare φ-Werte werden Laborversuche (Direktscherung, Triaxialversuch) genutzt. Im Feld lassen sich Näherungen erzielen durch:
- Neigebrettversuch: Ermittlung des Winkels, bei dem ein Prüfkörper auf der Zieloberfläche zu gleiten beginnt (φ ≈ Neigewinkel).
- Greifversuch: Anpressen mit definierter Normalkraft und schrittweise Erhöhung der Schubkomponente bis zum Gleiten; daraus μ und φ ableiten.
- Probetrial im Bohrloch: Beobachtung von Schlupf/Stand bei definierter Last und Bohrlochqualität als qualitative φ-Indikation.
Solche Verfahren liefern nur Richtwerte; für sicherheitsrelevante Entscheidungen sind standardisierte Prüfungen vorzuziehen.
Arbeitsplanung, Sicherheit und Risikominimierung
Unterschätzter Reibungswinkel führt zu Schlupf, Lastumlagerungen und unkontrollierten Bewegungen. In der Planung sind daher Sicherheitsbeiwerte, Redundanzen (zusätzliche Abstützungen/Anschlagpunkte) und geeignete Schrittfolgen vorzusehen. Eingriffe in tragende Bauteile erfordern eine sorgfältige Bewertung; rechtliche und normative Anforderungen sind standort- und projektabhängig und sollten generell berücksichtigt werden, ohne daraus Einzelfallzusagen abzuleiten.
Wartung und Zustand der Kontaktflächen
Abgenutzte, polierte oder verschmutzte Greifflächen vermindern den Reibungswinkel. Regelmäßige Reinigung, sachgerechtes Profilhalten der Backen von Betonzangen und kontrollierte Oberflächen der Spaltelemente verbessern φ und damit die Prozessstabilität. Interne Gleitstellen von Keilen/Zylindern sollten funktionsgerecht gehalten werden, damit die hydraulische Energie effizient in die gewünschte Spreiz- oder Schneidwirkung übergeht.
Dokumentation im Projektablauf
Für wiederholbare Ergebnisse ist es hilfreich, angenommene Reibungswinkel, Kontaktpaarungen, Oberflächenzustände und erzielte Greif-/Spaltkräfte zu dokumentieren. Diese Daten vereinfachen die Feinabstimmung in vergleichbaren Einsätzen und verbessern die Prognosesicherheit bei Betonabbruch und Spezialrückbau, Entkernung und Schneiden, Felsabbruch und Tunnelbau sowie in der Natursteingewinnung.





















