Georadar ist ein zerstörungsfreies Messverfahren zur Ortung von Strukturen und Objekten im Untergrund und in Bauteilen. In der Praxis liefert es entscheidende Informationen für die Planung und Ausführung von Betonabbruch und Spezialrückbau, Entkernung, Felsabbruch, Tunnelbau, Natursteingewinnung und Sondereinsatz. Durch die frühzeitige Erkundung von Bewehrung, Spannkabeln, Leitungen, Hohlräumen oder Trennfugen lassen sich Arbeitsmethoden und Werkzeuge wie Betonzangen sowie Stein- und Betonspaltgeräte gezielt und schonend einsetzen. Das erhöht die Präzision, reduziert Risiken und minimiert Folgeschäden.
Definition: Was versteht man unter Georadar
Unter Georadar (Ground Penetrating Radar, Bodenradar) versteht man ein elektromagnetisches Impulsverfahren. Ein Sender koppelt hochfrequente Radarimpulse in den Baukörper oder Boden ein. An Grenzflächen mit unterschiedlichen dielektrischen Eigenschaften werden Anteile des Signals reflektiert und vom Empfänger registriert. Aus Laufzeit und Amplitude der Reflexionen werden Tiefe und Beschaffenheit von Schichten, Einlagen und Hohlräumen abgeleitet. In Beton identifiziert Georadar typischerweise Bewehrungsstahl, Spannkanäle, Leitungen, Delaminationen oder Dickenschwankungen; im Fels erfasst es Klüfte, Schichtgrenzen und Zonen mit veränderter Feuchte. Das Verfahren zählt zur zerstörungsfreien Prüfung und ergänzt visuelle Inspektion, Sondierungen und Kernbohrungen.
Funktionsweise: Wie Georadar im Bauwesen arbeitet
Georadar arbeitet mit kurzen elektromagnetischen Impulsen im Hochfrequenzbereich. Die Signalausbreitung wird von der Materialeigenschaft (Dielektrizitätszahl, Leitfähigkeit) bestimmt. Übergänge – etwa von Beton zu Luft in Hohlräumen oder von Beton zu Stahl – erzeugen Reflexionen. In Radargrammen erscheinen punktförmige Objekte als charakteristische Hyperbeln. Aus dem Kurvenverlauf lassen sich Lage, Tiefe und teilweise auch Durchmesser abschätzen. Je niedriger die Antennenfrequenz, desto größer die Eindringtiefe, aber desto geringer die Auflösung; je höher die Frequenz, desto feiner die Detailerkennbarkeit bei reduzierter Tiefe. Für Stahlbeton werden meist hohe Frequenzen genutzt, für Fels und Boden eher niedrigere.
Anwendungsfelder im Betonabbruch und Spezialrückbau
Bei Rückbauprojekten liefert Georadar die Datengrundlage, um Eingriffe kontrolliert, sicher und wirtschaftlich zu planen. Das betrifft insbesondere den gezielten Einsatz von Betonzangen, Kernbohr- und Schneidarbeiten sowie das positionsgenaue Bohren für Stein- und Betonspaltgeräte.
- Ortung von Bewehrung, Spannkabeln und Einlagen zur Festlegung sicherer Biss- und Schnittkanten für Betonzangen
- Feststellung von Bauteildicke und Schichtaufbau zur Auswahl geeigneter Abbruchstrategie
- Detektion von Hohlräumen, Kiesnestern und Delaminationen zur Beurteilung der Tragreserve vor dem Abbruch
- Leitungsortung (z. B. Strom, Wasser, Medienkanäle) zur Vermeidung von Beschädigungen bei Entkernung und Schneiden
- Positionsbestimmung für Bohrlöcher beim Spalten von Beton mit Spaltzylindern und die Abschätzung des Bohrlochabstands in schwach bewehrten oder inhomogenen Bereichen
Einsatz im Felsabbruch und Tunnelbau
Im Fels liefert Georadar Hinweise auf Klüfte, Schichtgrenzen und Zonen mit erhöhter Feuchte. Diese Informationen sind nützlich, um die Orientierung und den Abstand von Bohrlöchern für das kontrollierte Spalten mit Steinspaltzylindern festzulegen. In Tunnelvortrieben und Strossebereichen können Radarprofile vorauseilend Hinweise auf Instabilitäten, wasserführende Bereiche oder Hohlräume geben. In Kombination mit hydraulisch betriebenen Spaltwerkzeugen und den zugehörigen Hydraulikaggregaten lässt sich die Last in das Gestein gezielt einleiten, während radarbasierte Vorerkundungen unplanmäßige Ausbrüche und Nachbrüche reduzieren helfen.
Entkernung und Schneiden
Bei der Entkernung von Gebäuden werden Bauteile selektiv getrennt. Georadar unterstützt hier – insbesondere bei Entkernung und Schneiden – die positionsgenaue Planung von Öffnungen und Schnitten. Leitungsführungen in Bodenplatten und Decken lassen sich markieren, um Konflikte mit Multi Cutters, Kombischeren und Betonzangen zu vermeiden. Besonders sensibel ist der Umgang mit vorgespannten Bauteilen; Radarerkundungen schaffen Klarheit über Lage und Verlauf von Spanngliedern und beeinflussen die Wahl von Schnittführung und Werkzeugen.
Natursteingewinnung
In der Gewinnung von Natursteinblöcken erlaubt Georadar die Einschätzung von Lagerstättenqualität, Schichtung und Störungszonen. So können Trennflächen genutzt und Bohrbilder für Steinspaltzylinder an das natürliche Kluftraster angepasst werden. Das unterstützt eine materialschonende Gewinnung mit weniger Ausschuss und saubereren Bruchflächen.
Dateninterpretation und Qualitätssicherung
Die Auswertung von Radargrammen erfordert Fachkenntnis. Typische Muster (Hyperbeln, horizontale Reflektoren, Signalabsorption) werden im Kontext von Material, Baualter und Bauweise bewertet. Für die Tiefe ist eine Kalibrierung der Ausbreitungsgeschwindigkeit hilfreich, etwa über bekannte Bauteildicken oder ergänzende Messungen. Eine nachvollziehbare Dokumentation mit Lageplänen, Schnitten und Markierungen auf der Oberfläche erleichtert die Umsetzung auf der Baustelle.
Frequenzwahl und Eindringtiefe
Hohe Frequenzen liefern hohe Auflösung bei geringer Tiefe – passend für Stahlbeton und Detailortung. Niedrige Frequenzen dringen tiefer ein – geeignet für Boden- und Felsuntersuchungen. Die Wahl richtet sich nach Fragestellung, Material und geforderter Auflösung.
Einflussfaktoren
- Materialfeuchte und Leitfähigkeit beeinflussen die Dämpfung des Signals
- Dichte Bewehrung erzeugt Abschattungen und Streuung
- Oberflächenrauigkeit und Kopplung wirken auf die Signalqualität
- Umgebungsbedingungen (Temperatur, elektromagnetische Störer) können das Rauschen erhöhen
Plausibilitätsprüfung
- Kreuzweise Messraster und Kontrollprofile
- Abgleich mit Bestandsunterlagen, wenn vorhanden
- Spot-Checks durch Sondagen oder Bohrkerne, wo dies sinnvoll und zulässig ist
- Konsistenzprüfung der Tiefen mittels bekannter Bauteilmaße
Grenzen und Risiken
Georadar ist kein Allheilmittel. In stark leitfähigen Medien (z. B. sehr feuchter oder salzhaltiger Beton) ist die Eindringtiefe begrenzt. Dichte Bewehrungsmatten können zu Schallschatten führen. Metallische Objekte sind sehr gut sichtbar, aber ihre genaue Geometrie bleibt ohne Zusatzinformationen teilweise unklar. Ergebnisse sind interpretationsbedürftig und sollten für sicherheitsrelevante Entscheidungen mit weiteren Erkenntnissen abgesichert werden. Rechtliche und normative Vorgaben sind projektbezogen zu beachten; dieser Text ersetzt keine verbindliche Beratung.
Arbeitsablauf: Von der Ortung zur kontrollierten Ausführung
- Fragestellung klären: Was soll gefunden werden (Bewehrung, Leitungen, Hohlräume, Dicke)?
- Messkonzept festlegen: Frequenz, Raster, Referenzpunkte, Zugänglichkeit
- Messung durchführen: saubere Kopplung, kreuzweises Raster, laufende Plausibilitätschecks
- Auswertung und Markierung: Ergebnisse in Plänen dokumentieren und vor Ort markieren
- Methodenwahl ableiten: z. B. Einsatz von Betonzangen bei definierter Bewehrungslage oder Spalttechnik mit Stein- und Betonspaltgeräten bei identifizierten Trennzonen
- Technische Umsetzung: passende Werkzeuge, Spaltzylinder und Hydraulikaggregate auswählen und Arbeitsschritte koordinieren
- Überwachung: Fortschritt mit Messungen und Sichtkontrollen begleiten; Anpassungen bei Abweichungen vornehmen
Sondereinsatz und Anlagenrückbau
In komplexen Umgebungen – etwa bei Anlagenrückbau oder in Bereichen mit unbekannter Leitungsführung – unterstützt Georadar die Risikominimierung. Vor dem Einsatz von Stahlscheren, Tankschneidern oder Kombischeren in und an Betonfundamenten kann das Umfeld der Bauteile auf unterirdische Objekte und Hohlräume geprüft werden. Bei Tankfundamenten lassen sich beispielsweise Leitungen und eventuelle Unterspülungen im Untergrund detektieren, bevor Trenn- und Hebearbeiten beginnen. So werden Konflikte mit verborgen geführten Medien vermieden und die Planung von Abtrag und Transport erleichtert.
Ausrüstung, Dokumentation und Übergabe
Ein typisches Georadarsystem umfasst Antenne, Steuereinheit, Positionierungshilfe und Auswertesoftware. Für die Baustelle sind klare Markierungen, vermaßte Lagepläne und verständliche Schnitte entscheidend. Relevante Ergebnisse sollten redundant festgehalten werden – etwa als Plan, Fotodokumentation der Markierungen und Radargramme mit Verweisen. Wesentlich ist die eindeutige Ableitung von Handlungsempfehlungen für die ausführenden Teams.
Best Practices für die Praxis
- Messraster so wählen, dass kritische Zonen sicher erfasst werden; bei Unsicherheit Raster verdichten
- In Stahlbeton stets quer und längs scannen, um Überlagerungen zu entflechten
- Oberfläche reinigen; bei rauen Flächen langsamer fahren und auf gleichmäßige Kopplung achten
- Geschätzte Ausbreitungsgeschwindigkeit mit bekannten Dicken kalibrieren
- Ergebnisse gemeinsam mit Bauleitung und ausführenden Kolonnen durchgehen; Markierungen auf Bauteilen eindeutig und robust anbringen
- Für das Bohren von Spaltlöchern Lage von Bewehrung und Einlagen vorab zuverlässig markieren; Bohrbild ggf. anpassen
- Vor dem Biss mit Betonzangen Spannzonen ausschließen oder Sicherungsmaßnahmen planen





















