Rohrstatik beschreibt die Trag- und Verformungsfähigkeit von Rohren unter inneren und äußeren Einwirkungen. Sie verbindet Bodenmechanik, Werkstoffkunde und Konstruktion. Für den Betonabbruch und Spezialrückbau, die Entkernung und das Schneiden sowie den Felsabbruch und Tunnelbau ist sie entscheidend: Wer Rohre trennt, freilegt oder abschnittsweise entnimmt, beeinflusst Ringkräfte, Lagerungsbedingungen und Stabilität. Ein fundiertes Verständnis hilft, kontrollierte Bruchbilder zu erzeugen, Schäden an Nachbarbauwerken zu vermeiden und Arbeitssicherheit zu erhöhen. In der Praxis betrifft dies insbesondere das Abtragen von Beton- und Stahlbetonrohren mit Betonzangen sowie das kontrollierte Aufspalten von Leitungs- und Schachtbauteilen mit Stein- und Betonspaltgeräten. Auch Stahlscheren, Multi Cutters und Tankschneider kommen – je nach Querschnitt, Werkstoff und Einbausituation – zum Einsatz; Hydraulikaggregate liefern die erforderliche Energie für präzise und dosierte Arbeitsabläufe.
Definition: Was versteht man unter Rohrstatik
Unter Rohrstatik versteht man die mechanische Beurteilung von Rohren unter Last: Innendruck, Außendruck, Erdüberdeckung, Verkehrslasten, Temperatur und Verformungszwänge wirken auf den ringförmigen Querschnitt. Das Rohr reagiert mit Ringsteifigkeit, Biege- und Membranspannungen; der umgebende Boden liefert Lagerungs- und Bettungsreaktionen. Man unterscheidet in der Regel steife (z. B. Beton, Guss) und flexible (z. B. PE, PP, GFK) Systeme. Nachweise betreffen Tragfähigkeit (Sicherheit gegen Bruch, Knicken, Aufschwimmen) und Gebrauchstauglichkeit (Zulässige Durchbiegung, Ovalisation, Rissbreiten). Die Rohrstatik bildet damit die Grundlage für Bemessung, Bau, Inspektion und den fachgerechten Rückbau von Rohrleitungen und Schachtbauwerken.
Grundlagen der Lastannahmen und Bemessung in der Rohrstatik
Die Bemessung folgt dem Zusammenspiel aus Einwirkungen und Widerständen, ergänzt um Randbedingungen wie Einbautiefe, Bettung und Grundwasser. Ziel ist eine sichere, wirtschaftliche und möglichst verformungsarme Lösung – im Neubau wie im Rückbau.
Einwirkungen
- Ständige Lasten: Eigengewicht des Rohres und der Füllung (Medium), Erdüberdeckung, Wasserdruck von außen oder innen.
- Veränderliche Lasten: Verkehrslasten, Bauzustände (Aushub, Freilegung, Abstützung), Temperatur- und Schrumpfverformungen, Erschütterungen.
- Sonderfälle: Unterdruck/Sog, hydraulische Stöße, setzungsbedingte Zwangsbeanspruchungen, Auftrieb bei hohem Grundwasser.
Widerstände und Nachweise
- Ringsteifigkeit und Bettung: Widerstand gegen Ovalisation; maßgebend für flexible Rohre.
- Querschnittstragfähigkeit: Druck- und Biegespannungen, Schub, Rissbildung; typisch für Beton- und Stahlbetonrohre.
- Stabilität: Knicken/Beulen bei Außendruck, insbesondere bei dünnwandigen Stahl- oder GFK-Rohren.
- Dichtigkeit und Gebrauchstauglichkeit: Verformungen, Fugenöffnungen an Muffen, Längsverschiebungen.
Steife versus flexible Rohre
Steife Rohre tragen Lasten überwiegend über Querschnittsfestigkeit; der Boden wirkt stützend. Flexible Rohre aktivieren den Boden stärker: Die Bettungssteifigkeit begrenzt die Ovalisation. Für den Rückbau bedeutet dies: Wird die Bettung entfernt oder der Ring durch Schnitte geschwächt, ändern sich Lastpfade. Eine abschnittsweise Entlastung und kontrollierte Segmentierung reduzieren das Risiko plötzlicher Umlagerungen.
Bettung, Verlegearten und Bodeneinfluss
Die Bettung bestimmt maßgeblich die Rohrreaktion. Verdichtungsgrad, Kornabstufung und Lagerungsdichte des Bodens steuern den Bettungsmodul und damit die Verformungen. Beim Freilegen oder teilweisen Untergraben verringert sich die seitliche Abstützung; die Ovalisation kann zunehmen. Sorgfältige Abstützungen, Zwischenstege und eine definierte Schnittfolge halten das System stabil.
Grabenbau und grabenlose Verfahren
Im Grabenbau prägen Grabenbreite, Schichtenaufbau und Bauzustände das Tragverhalten. Bei grabenlosen Verfahren (Vortrieb, Microtunneling) wirkt der Boden über Ringdruck; Segment- oder Vortriebsrohre müssen Außendruck und Stöße aufnehmen. Für den Rückbau von Vortriebsrohren im Tunnelbau sind Vorlasten, Reibung und Verbund zum umgebenden Gelände zu berücksichtigen, bevor mit Betonzangen, Stein- und Betonspaltgeräten oder Stahlscheren Querschnitte geöffnet und Lasten gezielt abgebaut werden.
Materialverhalten und typische Rohrtypen
Material und Wanddicke prägen Tragmechanismen, Schnittführung und Werkzeugwahl.
Beton und Stahlbeton
Hohe Druckfestigkeit, begrenzte Zugfestigkeit, Rissbildung unter Biegung. Stahlbewehrung übernimmt Zug; Betonzangen können Beton gezielt zerdrücken, die Bewehrung wird anschließend abgetrennt (z. B. mit Kombischeren oder Stahlscheren). Stein- und Betonspaltgeräte erzeugen kontrollierte Spaltlinien entlang der Ringzone.
Stahl und duktile Werkstoffe
Hohe Zähigkeit und Duktilität, Beul- und Knickgefahr unter Außendruck. Für Trennungen eignen sich Stahlscheren oder Multi Cutters; bei großen Durchmessern und Wanddicken können Tankschneider herangezogen werden. Stabilitätsreserven sind vor dem Einschneiden zu prüfen; segmentweises Abtragen begrenzt Verformungen.
GFK und thermoplastische Rohre
Ausgeprägtes Verformungsvermögen, Ringsteifigkeit abhängig von Wandaufbau. Langzeitverhalten (Kriechen) und Kerbempfindlichkeit beachten; Schnitte erzeugen häufig lokale Spannungsspitzen. Eine weiche Lagerung und geringe Punktlasten während des Rückbaus sind wichtig.
Langzeitverhalten und Kriechen
Bei polymeren Rohren führt Kriechen zu erhöhten Deformationen unter Dauerlast. Im Rückbau können Entlastung und Umlagerung zu kurzfristigen Rückfederungen führen. Schnittfolgen sollten dies berücksichtigen, um unkontrollierte Öffnungen zu vermeiden.
Korrosion und Alterung
Korrosion, Sulfatangriff, Alkali-Kieselsäure-Reaktion oder Ermüdung schwächen Wandquerschnitte. Vorschädigungen reduzieren Reserven gegen Beulen oder Rissdurchlauf. Eine Zustandsbewertung vor dem Eingriff ist daher essenziell.
Rohrstatik im Betonabbruch und Spezialrückbau
Der rückbaubedingte Wechsel von Lagerungs- und Lastbedingungen erfordert ein Vorgehen in klar definierten Bauzuständen. In Leitungsgräben, Schächten und Tunnelröhren sind Erddruck, Grundwasser und Verkehrslasten zu berücksichtigen. Werkzeuge wie Betonzangen und Stein- und Betonspaltgeräte ermöglichen ein kontrolliertes Aufbrechen der Ringzone, ohne schockartige Lastumlagerungen zu provozieren. Hydraulikaggregate erlauben eine fein dosierbare Kraftübertragung.
Planung des Rückbaus
- Erkundung: Leitungsinhalt, Material, Wanddicke, Fugen, Bettung, Grundwasserstand, Nachbarbauwerke.
- Entlastung: Entleerung, Spülen, Entgasen; ggf. temporäre Abstützung und Sicherung gegen Auftrieb.
- Schnitt- und Spaltkonzept: Festlegen von Fenstern, Segmentgrößen, Reihenfolge, Notabstützungen.
- Schutzmaßnahmen: Absperren, Lüften, Messungen (Gase), Erschütterungs- und Setzungskontrollen.
- Rückbau: Abschnittsweises Öffnen, Abtragen, Sortieren, Transport.
Trennen und Abtragen von Beton- und Stahlrohren
Bei Beton- und Stahlbetonrohren bewährt sich eine Kombination: Vorab wird die Ringzone mit Betonzangen geschwächt, anschließend erfolgt das gezielte Spalten mit Stein- und Betonspaltgeräten. Bewehrungen werden mit Stahlscheren oder Kombischeren getrennt. Bei Stahlleitungen werden Umfangsschnitte segmentweise gesetzt; Multi Cutters oder Tankschneider trennen dickwandige Abschnitte. Wichtig ist ein statisch sinnvolles Vorgehen: Zuerst Lasten reduzieren, dann Querschnitte öffnen, schließlich Segmente entnehmen.
Schnittführung aus statischer Sicht
- Fenster- und Segmenttechnik: Kleine Segmente begrenzen Ringentspannung und vermeiden Kipp- oder Klappbewegungen.
- Asymmetrische Öffnungen: Gezieltes Aufschneiden an der Scheitel- oder Sohlzone verhindert unkontrollierte Ovalisation.
- Muffen- und Anschlussbereiche: Erhöhte Steifigkeit kann Rissumlenkungen verursachen; Schnittführung anpassen.
Spezielle Situationen aus Sicht der Rohrstatik
Grundwasser und Auftrieb
Auftriebskräfte können beim Entleeren von Leitungen oder Schächten maßgebend werden. Temporäre Ballastierung oder Verankerung verhindert Aufschwimmen. Beim Öffnen des Querschnitts ändern sich Strömungs- und Druckverhältnisse; kontrolliertes Absenken des Wasserspiegels reduziert Risiken.
Unterquerungen und Verkehrsflächen
Bei Rohren unter Straßen wirken dynamische Verkehrslasten. Vor Freilegung sind Abstände, Überdeckung und Bettungszustand zu prüfen. Gegebenenfalls ist die Lastabtragung temporär zu sichern, bevor Schnitte gesetzt werden.
Anschlussbereiche, Muffen und Sonderbauteile
Übergänge zwischen Materialien, Formstücke, Schächte und Auskleidungen besitzen veränderte Steifigkeiten. Hier treten häufig Rissspitzen und lokale Beulen auf. Ein angepasstes Werkzeug- und Segmentierungskonzept vermeidet Sekundärschäden.
Prüfung, Monitoring und Dokumentation
Für anspruchsvolle Maßnahmen im Sondereinsatz sind einfache Mess- und Kontrollmittel hilfreich: Deformationsmessungen (Ovalisation), Risskarten, Setzungsmarken, Grundwasserstand, Erschütterungsmonitoring. Eine laufende Dokumentation unterstützt die Beurteilung der Bauzustände und die Auswahl geeigneter Arbeitsschritte.
Arbeitssicherheit und Schutzmaßnahmen
Arbeiten an Rohren erfolgen oft in engen Räumen: Sauerstoffmangel, Explosionsgefahr, Medienreste und druckbeaufschlagte Systeme sind Risiken. Es gelten die einschlägigen technischen Regeln und betrieblichen Freigaben. Dazu gehören Freimessen, Belüftung, Druckentlastung, Absperren, PSA, sichere Auflager und Hebepunkte. Das Vorgehen mit Betonzangen, Stein- und Betonspaltgeräten sowie Scheren ist so zu planen, dass Bedienkräfte außerhalb des Gefahrenbereichs bleiben und Lastumlagerungen vorhersehbar sind.





















