Die Kehlnaht ist eine der am häufigsten anzutreffenden Schweißnahtformen im Stahl- und Anlagenbau. Sie verbindet Bauteile in T-, L- oder Überlappstößen und prägt damit die Tragfähigkeit, Dauerhaftigkeit und das Trennverhalten von Konstruktionen. Im Rückbau – etwa beim Betonabbruch, beim Entkernen von Industrieanlagen oder beim Demontieren von Tanks – beeinflusst die Lage und Qualität einer Kehlnaht maßgeblich, wie effizient Stähle und Verbundbauteile mit Werkzeugen wie Betonzangen, Stahlscheren, Kombischeren oder Tankschneidern getrennt werden können. Wo Beton und Stahl zusammenspielen, etwa bei Ankerplatten oder Konsolen, bedingt die Kehlnaht zudem den Kraftfluss – ein Faktor, der beim Einsatz von Stein- und Betonspaltgeräte im Spezialrückbau sorgfältig bedacht wird.
Definition: Was versteht man unter Kehlnaht
Unter einer Kehlnaht versteht man eine Schweißnaht mit in der Regel dreieckigem Querschnitt, die zwei Bauteile in einem Winkel miteinander verbindet. Typische Fügungen sind T-Stöße (Winkelprofil an Trägersteg), Eckstöße (Rahmen- oder Kastenverbindungen) und Überlappstöße (Laschen, Bleche). Charakteristisch ist das a-Maß (Nahtdicke), das die rechnerische Tragfähigkeit bestimmt. Kehlnähte werden ein- oder beidseitig ausgeführt, können konkav, eben oder konvex ausgebildet sein und wirken je nach Lastfall in Scherung, Zug oder Biegung. Als Kehlschweißung entsteht die Naht meist durch Lichtbogenverfahren (z. B. MAG, E-Hand, WIG) mit einer lokalen Wärmeeinflusszone, deren Eigenschaften das spätere Trenn- und Rissverhalten beeinflussen.
Aufbau, Geometrie und Kennwerte der Kehlnaht
Für Planung, Bewertung und Rückbau sind die geometrischen Kennwerte entscheidend. Das a-Maß (wirksame Nahtdicke) leitet sich aus Schenkellängen und Nahtform ab. Die Nahtlänge, die Lage am Bauteil (innen/außen), die Anzahl der Nähte (ein-/beidseitig) sowie Kehlwinkel und Übergangsradien bestimmen Steifigkeit und Kerbwirkung. Konvexe Nähte bieten hohe statische Tragreserven, sind jedoch kerbempfindlicher; konkave Nähte begünstigen Ermüdungsfestigkeit. Im Rückbau wirkt sich dies auf die Wahl der Trennlinie aus – das gezielte Trennen entlang der Kehlnaht oder das Ausschneiden mit Abstand zur Naht kann Spannungsreste sicher abbauen.
Werkstoffe und Schweißverfahren im Anwendungsfeld
Kehlnähte verbinden un- und niedriglegierte Stähle, hochfeste Feinkornstähle sowie nichtrostende Stähle. Verbreitete Verfahren sind MAG, E-Hand, WIG und Unterpulverschweißen. Wärmeeintrag und Abkühlraten prägen die Mikrostruktur in der Wärmeeinflusszone; Härten und Eigenspannungen sind im Rückbau zu beachten. In Stahltragwerken von Industriehallen, Tanks, Silos und Rohrleitungen sind Kehlnähte allgegenwärtig. Bei Betontragwerken treten sie oft an Ankerplatten, Konsolen, Geländern, Treppenbauteilen oder temporären Hilfskonstruktionen auf – Bereiche, die beim Einsatz von Betonzangen freigelegt oder vor dem Spalten gezielt geschwächt werden.
Tragverhalten, Beanspruchungen und Auswirkungen auf den Rückbau
Kehlnähte übertragen Kräfte in Scherung und kombinierter Beanspruchung. Kerbwirkung, Nahtform und a‑Maß steuern die Ermüdungsfestigkeit. Bei Rückbauarbeiten kann das gezielte Ansetzen von Stahlscheren oder Multi Cutters an Nähten Scherkräfte nutzen, um Bauteile mit geringerem Energieeinsatz zu lösen. Umgekehrt können großvolumige, mehrlagige Kehlnähte beim Trennen zähe Restquerschnitte bilden, die ein Vortrennen oder Abtragen von Decklagen sinnvoll machen. Im Betonverbund lenken geschweißte Steifen und Konsolen die Rissbildung; beim Arbeiten mit Stein- und Betonspaltgeräte sollten solche Zonen identifiziert und, falls erforderlich, entlastet werden.
Qualitätssicherung, Prüfung und Kennzeichnung
Die Qualität von Kehlnähten wird über Sichtprüfung, Messung des a‑Maßes und – abhängig von Sicherheitsanforderungen – durch zerstörungsfreie Prüfungen (z. B. Magnetpulver- oder Eindringprüfung) beurteilt. Zeichnungen kennzeichnen Nahtform, -länge, -lage und Ausführungssymbole. Für den Rückbau liefern diese Angaben wichtige Hinweise zu Schichtdicken, Lagenfolgen und möglichen Bindefehlern. Solche Unregelmäßigkeiten können als Schwächungen wirken; sie dürfen jedoch nur unter Beachtung der Arbeitssicherheit und mit geeignetem Trennwerkzeug genutzt werden.
Kehlnaht im Betonabbruch, Spezialrückbau und in der Entkernung
Im industriellen Rückbau trifft man Kehlnähte vor allem an Stahlträgerknoten, Knotenblechen, Winkelprofilen, Geländern, Ankerplatten und an Aggregaten. Für die Praxis bedeutet das:
- Betonzangen legen eingebettete Stahlteile frei und schaffen Zugang zu Kehlnähten an Konsolen oder Ankerplatten.
- Stahlscheren, Kombischeren und Multi Cutters trennen entlang der Nahtwurzel, um Scherwirkung auszunutzen und Verzug zu minimieren.
- Stein- und Betonspaltgeräte arbeiten effizienter, wenn vorgelagerte Kehlnähte an stählernen Einbauteilen gelöst wurden, die den Rissverlauf blockieren könnten.
- Tankschneider kommen an geschweißten Behältern und Rohrleitungen zum Einsatz, deren Mantel- und Stutzenverbindungen überwiegend als Kehlnaht ausgeführt sind.
Stahltragwerke selektiv trennen
Gurt-/Steganschlüsse, Knotenbleche und Winkelverbinder besitzen durchgehende Kehlnähte. Ein geplanter Schnittverlauf entlang der Naht – beginnend an den Nahtenden und mit kleinen Öffnungsschnitten – reduziert Spannungsumschläge. Bei überlappenden Laschen empfiehlt es sich, zunächst die frei zugängliche Nahtseite abzutragen, um ein Verkanten der Teile zu vermeiden.
Tanks, Silos und Rohrleitungen
Bei Mantelstößen, Stutzen und Halterungen sind Kehlnähte üblich. Vor dem Trennen mit Tankschneidern sind Medienfreiheit, Entgasung und Zündquellenkontrolle zwingend zu prüfen. Schnitte parallel zur Naht können Spannungen freisetzen; ein versetzter Start mit Entlastungsöffnungen begrenzt ungewollte Risse.
Betonbauteile mit stählernen Anbauteilen
Ankerplatten mit aufgeschweißten Steifen und Konsolen verändern den Kraftfluss im Beton. Betonzangen schaffen Zugang, indem sie Deckbeton dosiert abtragen, bevor Kehlnähte an Stahlteilen getrennt werden. Beim Spalten massiver Bauteile verhindert das Lösen solcher Stahl-Verblockungen unkontrollierte Rissumlenkungen.
Strategien für effizientes Trennen entlang von Kehlnähten
- Erkennen: Nahtverlauf, Lagenzahl und Zugänglichkeit feststellen; Beschichtungen lokal entfernen.
- Entlasten: Entlastungsschnitte setzen, um Eigenspannungen kontrolliert abzubauen.
- Sequenzieren: Zuerst kurze Nahtsegmente öffnen, dann lange Lagen; bei beidseitigen Kehlnähten abwechselnd arbeiten.
- Kombinieren: Betonzangen zum Freilegen, anschließend Stahlscheren oder Kombischeren für die metallische Trennung einsetzen; Hydraulikaggregate bedarfsgerecht anpassen.
- Sichern: Bauteile abfangen, Fallrichtungen definieren, Funkenflug und Brandlasten berücksichtigen.
Konstruktive Details, die den Rückbau beeinflussen
Bestimmte Details erfordern besondere Aufmerksamkeit: dicklagige Kehlnähte an Steifen, Kehlnähte mit Anrissen an hochbeanspruchten Knoten, Überlappnähte an Laschen, Kehlnähte an Halterungen von Anlagenkomponenten sowie Ecknähte an Treppen, Bühnen und Geländern. In Tunnel- und Schachtanlagen sind temporäre Aussteifungen oft kehlgeschweißt; bei der Demontage verhindern definierte Schnittfolgen unkontrollierte Umlagerungen.
Häufige Befundbilder und ihre Bedeutung
Poren, Bindefehler, Einbrandkerben, Unterwölbungen und Risse verändern die lokale Tragfähigkeit. Im Rückbau können solche Stellen das Ansetzen von Schneid- oder Scherwerkzeugen erleichtern. Dennoch gilt: Schwachstellen dürfen nicht unkritisch genutzt werden – Bauteile sind gegen plötzliches Versagen zu sichern, und die Reihenfolge der Trennschritte ist so zu wählen, dass Lastpfade erhalten bleiben, bis Abstützungen wirken.
Begriffsabgrenzung: Kehlnaht gegenüber Stumpfnaht
Während die Kehlnaht Bauteile im Winkel verbindet, fügt die Stumpfnaht Bauteile in einer Ebene. Für den Rückbau bedeutet dies: Kehlnähte lassen sich oft näher an der Fügezone trennen, indem man die Nahtwurzel schwächt; Stumpfnähte erfordern meist ein Durchtrennen des vollen Querschnitts oder ein Abtragen der Nahtüberhöhung. Das beeinflusst Werkzeugwahl und Arbeitsabfolge.
Werkzeugwahl im Umfeld von Kehlnähten
- Betonzangen: Freilegen eingebetteter Stahlteile, kontrolliertes Entfernen von Deckbeton an Ankerplatten und Konsolen.
- Stein- und Betonspaltgeräte: Erzeugen definierter Rissbilder; zuvor Kehlnähte an stählernen Einbauteilen entlasten.
- Stahlscheren, Kombischeren, Multi Cutters: Trennen von Kehlnähten an Trägern, Laschen und Knotenblechen mit hoher Scherwirkung.
- Tankschneider: Öffnen kehlgeschweißter Behälter und Großrohre unter kontrollierten Sicherheitsbedingungen.
- Hydraulikaggregate: Versorgen Anbau- und Handgeräte mit der erforderlichen Leistung; Druck- und Durchflussanpassung beeinflusst Schnittqualität und Taktzeiten.
Planung, Sicherheit und Dokumentation
Der Umgang mit Kehlnähten im Rückbau erfordert eine sorgfältige Planung: Bestandsunterlagen sichten, Nahtlagen markieren, Lastpfade und Zwischenabstützungen festlegen, Brand- und Explosionsschutz berücksichtigen, Arbeitsbereiche absperren und geeignete persönliche Schutzausrüstung vorsehen. Prüf- und Dokumentationspflichten können projektspezifisch variieren; rechtliche Anforderungen sind generell zu beachten und im Zweifel fachkundig zu klären. Eine lückenlose Dokumentation der Trennschritte und der gefundenen Nahtqualitäten unterstützt Qualität, Sicherheit und Nachverfolgung.
Praxisbeispiele aus typischen Einsatzbereichen
- Betonabbruch und Spezialrückbau: Freilegen von Ankerplatten mit Betonzangen, Lösen der daran kehlgeschweißten Steifen, anschließendes Spalten massiver Wände.
- Entkernung und Schneiden: Selektives Trennen von Bühnen, Treppen und Geländern entlang von Kehlnähten mit Stahlscheren und Multi Cutters.
- Felsabbruch und Tunnelbau: Demontage kehlgeschweißter Aussteifungen und Einbauten in Schächten vor dem eigentlichen Abtrag.
- Natursteingewinnung: Trennen kehlgeschweißter Rahmen und Spannsysteme von Förder- und Bearbeitungsanlagen im Zuge der Anlagenumsetzung.
- Sondereinsatz: Öffnen kehlgeschweißter Tanks und Rohrleitungen mit Tankschneidern unter kontrollierten Bedingungen.





















