Injektionsbohrung

Die Injektionsbohrung ist ein präzises Bohrverfahren zur gezielten Einbringung von Injektionsmitteln in Beton, Mauerwerk oder Fels. Sie dient der Rissverpressung, Abdichtung, Konsolidierung, Hohlraumverfüllung und Tragfähigkeitsverbesserung. In Bauwerken und geotechnischen Anwendungen lässt sich dadurch Wasser eindämmen, Gefüge festigen und der Lastabtrag stabilisieren. Im Betonabbruch und Spezialrückbau, bei Felsabbruch und Tunnelbau, der Entkernung und dem Schneiden, in der Natursteingewinnung sowie bei Sondereinsätzen wird die Injektion häufig mit mechanischen Verfahren kombiniert, etwa dem kontrollierten Trennen mit Betonzangen oder dem erschütterungsarmen Lösen von Bauteilen mittels Stein- und Betonspaltgeräten.

Definition: Was versteht man unter Injektionsbohrung

Unter einer Injektionsbohrung versteht man ein oder mehrere Bohrlöcher, die so angeordnet, dimensioniert und vorbereitet werden, dass ein Injektionsmittel – beispielsweise Zementleim, Mikrofeinzement, Epoxid- oder Polyurethanharz, Silikat- oder Acrylatgel – unter kontrolliertem Druck in Risse, Poren oder Kluftsysteme eingebracht werden kann. Ziel ist die Abdichtung gegen Wasser, die Verfestigung eines Gefüges, die Hohlraumverfüllung oder das kraftschlüssige Verbinden von Rissflanken. Typische Bohrdurchmesser liegen je nach Material und Zweck zwischen etwa 12 und 50 mm, die Bohrtiefe richtet sich nach Bauteildicke, Rissverlauf oder geologischer Schicht. Im Unterschied zur Spaltbohrung (für hydraulisches Spalten) wird die Injektionsbohrung mit Packern verschlossen und auf Dichtigkeit geprüft, um einen definierten Druck- und Fließweg des Injektionsmittels sicherzustellen.

Anwendungsfelder und Zielsetzungen der Injektionsbohrung

Injektionsbohrungen kommen überall dort zum Einsatz, wo Abdichten, Verpressen, Konsolidieren oder kraftschlüssiges Verbinden erforderlich ist. In Betonbauteilen erlaubt die Rissverpressung eine Wiederherstellung der Gebrauchstauglichkeit oder das gezielte Stoppen von Wasserzutritten, was nachfolgende Arbeiten wie das Schneiden und Zangenabbruchverfahren planbar macht. In Fels und Lockergestein dienen Injektionen der Baugrundverbesserung, der Dichtung von Kluftsystemen und der Reduktion von Wasserandrang im Tunnelvortrieb oder bei Unterfangungen. In der Entkernung lassen sich durch vorgängige Abdichtinjektionen wasserführende Bereiche beruhigen, sodass Betonzangen saubere Trennschnitte ermöglichen. Im Spezialrückbau kann eine Konsolidierungsinjektion bruchgefährdete Randzonen stabilisieren, bevor Bauteile mit Stein- und Betonspaltgeräten kontrolliert gelöst und herausgenommen werden.

Bohrtechnik: Durchmesser, Raster und Bohrverlauf

Die Wahl des Bohrverfahrens richtet sich nach Untergrund, Armierung und Zielsetzung. In bewehrtem Beton bietet sich Kernbohren für maßhaltige, randnahe Bohrungen an; in Mauerwerk und Fels kommen Rotation oder Schlagrotation zum Einsatz. Bohrdurchmesser werden auf Packer- und Materialviskosität abgestimmt. Der Bohrverlauf folgt dem Riss- oder Kluftsystem: häufig werden Bohrungen schräg zur Rissebene gesetzt, um eine günstige Anströmung zu erreichen. Ein geeigneter Bohrabstand (Raster) stellt sicher, dass sich die Injektionsfächer überlappen, ohne unkontrollierte Kurzschlüsse zu erzeugen.

Bohrlochvorbereitung und Reinigung

Saubere Bohrlochflanken sind entscheidend für Haftverbund und Dichtigkeit. Nach dem Bohren werden Bohrmehl und Schlämme durch Ausblasen, Ausspülen und Bürsten entfernt. Je nach Injektionsmittel kann eine trockene, matte Oberfläche oder eine leicht feuchte Wandung gefordert sein. Unabhängig davon gilt: Staubfreiheit und ein dichter Sitz der Packer sind Grundvoraussetzungen für reproduzierbare Druckverläufe.

Injektionsmedien: Zementleim, Mikrofeinzement, Harze und Gele

Die Auswahl des Injektionsmittels richtet sich nach Rissweite, Feuchtegehalt, chemischer Umgebung, Temperatur und gewünschter Endfestigkeit. Zementleime und Mikrofeinzemente eignen sich für mineralische Systeme und größere Kapillaren, während Epoxid- und Polyurethanharze bei schmalen Rissen oder wasserführenden Fugen eingesetzt werden. Gele auf Silikat- oder Acrylatbasis dienen der temporären oder dauerhaften Abdichtung sehr feiner Poren. Wichtige Kennwerte sind Viskosität, Reaktionszeit (Topfzeit), Endfestigkeit und Volumenstabilität. Für wasserbelastete Bereiche bieten sich wasserreaktive Harze oder gelbildende Systeme an, die Wasserstop und Nachverpressung ermöglichen.

Packersysteme und Verpressgeräte

Mechanische oder klebende Packer dichten das Bohrloch an der Oberfläche oder im Inneren ab. Über Kupplungen und Nippel werden die Verpressgeräte angeschlossen. Der Injektionsdruck wird so gewählt, dass das Medium die Rissspitzen erreicht, ohne schädliche Hebungen oder neue Rissbildungen zu verursachen. Druck- und Volumenverläufe werden überwacht und dokumentiert. In komplexen Bauteilen erfolgt die Verpressung abschnittsweise, mit Rückschlusstests zwischen den Stufen zur Kontrolle der Dichtigkeit.

Schnittstellen zum mechanischen Abbruch: Kombination mit Stein- und Betonspaltgeräten und Betonzangen

Injektionsbohrungen lassen sich sinnvoll mit mechanischen Trenn- und Lösungsverfahren kombinieren. Bei wasserführenden Bauteilen kann eine Abdichtinjektion den Wasserandrang reduzieren, sodass anschließendes Schneiden und Abbruch mit Betonzangen kontrollierter und sauberer abläuft. In Randzonen, die durch frühere Lastumlagerungen geschwächt sind, verbessert eine Konsolidierungsinjektion die Kantenstabilität, bevor Stein- und Betonspaltgeräte gezielt Spreizkräfte einleiten. Bei Fels- und Tunnelarbeiten lassen sich Verpressfächer im Vorfeld anlegen, um Kluftwasser zu reduzieren; anschließend werden Blöcke durch hydraulisches Spalten gelöst und mit Zangen abgegriffen. Wichtig ist die Trennung der Bohrzwecke: Spaltbohrungen werden trocken und maßhaltig für die Spaltzylinder hergestellt, Injektionsbohrungen dagegen mit Packerplätzen und Dichtigkeitsprüfung ausgeführt.

Typische Arbeitsabfolge auf der Baustelle

  • Untersuchung von Rissen, Klüften und Wasserzutritten; Festlegen der Zielsetzung (Abdichtung, Verfestigung, Hohlraumverguss).
  • Bohr- und Injektionsplanung: Durchmesser, Bohrwinkel, Raster, Packerpositionen, Injektionsmittel.
  • Herstellung der Bohrungen, Reinigung, Setzen und Verspannen der Packer.
  • Dichtigkeits- oder Vorpressprüfung, Anpassung der Druckstufen.
  • Verpressen in Abschnitten, Überwachung von Druck und Volumen, Protokollierung.
  • Aushärtezeiten beachten; Kontrollbohrungen oder Nachverpressungen, falls erforderlich.
  • Anschließendes mechanisches Trennen oder Lösen, z. B. mit Betonzangen oder Stein- und Betonspaltgeräten.

Qualitätssicherung und Dokumentation

Die Qualität der Injektion wird über Druck- und Volumenprotokolle, Sichtkontrollen an Austrittsstellen, Rückschlusstests sowie stichprobenartige Prüfungen (z. B. Kernentnahmen oder Haftzugtests an Testfeldern) abgesichert. Eine lückenlose Dokumentation von Bohrdaten, Injektionsparametern, Materialchargen und Aushärtezeiten ist essenziell, um Wirksamkeit und Nachverfolgbarkeit sicherzustellen. Bei sensiblen Bauwerken empfiehlt sich ein Probefeld, um Parameter zu verifizieren, bevor die Fläche in Serie bearbeitet wird.

Arbeitsschutz, Umwelt- und Gewässerschutz

Verpressarbeiten erfolgen unter Druck und mit reaktiven Stoffen; entsprechende persönliche Schutzausrüstung, sichere Schlauch- und Kupplungsverbindungen sowie Absperrungen sind erforderlich. Restmengen und Spülflüssigkeiten werden sachgerecht gesammelt und entsorgt. In Bereichen mit Grundwasserbezug sind präventive Dichtigkeitsprüfungen, ein zurückhaltender Druckaufbau und geeignete Injektionsmittel zu wählen. Rechtliche Anforderungen können je nach Anwendung variieren; eine vorhabensbezogene Abstimmung und ein behutsames Vorgehen sind empfehlenswert.

Planung und Bemessung: Parameter für eine wirksame Injektion

Für die Bemessung sind maßgebend: Rissweiten und -verteilung, Feuchtegrad, Porosität, Bauteildicke, Temperatur, chemische Umgebung, gewünschte Endfestigkeit und Dichtigkeit. Der Injektionsdruck wird so kalibriert, dass das Medium weit genug vordringt, ohne Hebungen zu verursachen. Bohrabstände und -winkel orientieren sich am zu erwartenden Fließbild. In Baugruben, Stollen oder bei Unterfangungen wird zusätzlich das Risiko von Umlagerungen bewertet, damit Injektion und anschließender Abbruch mit Betonzangen oder das hydraulische Spalten aufeinander abgestimmt erfolgen.

Besondere Situationen: Wasserführende Risse, denkmalgeschützte Bauteile und Tunnelvortrieb

Bei aktivem Wasserdruck sind schnell reagierende, wasserverträgliche Harze oder Gele mit schrittweiser Drucksteigerung vorteilhaft. In denkmalgeschützten Bauteilen steht die Reversibilität und Materialverträglichkeit im Vordergrund; hier werden mineralische Systeme mit feiner Körnung bevorzugt. Im Tunnelvortrieb reduziert eine Vorinjektion Wasserzutritte und stabilisiert das Anstehen, bevor Blöcke durch Stein- und Betonspaltgeräte gelöst und mit Zangen umgesetzt werden. In der Natursteingewinnung kann eine gezielte Hohlraumverfüllung lose Zonen sichern, um anschließend spannungsarm zu trennen.

Fehlerbilder und Abhilfe bei der Injektionsbohrung

  • Kurzschluss zwischen Bohrungen: Raster anpassen, Druck reduzieren, abschnittsweise verpressen.
  • Packerundichtigkeit: Bohrloch reinigen, Packerposition ändern oder Packer wechseln.
  • Unvollständige Füllung: Viskosität oder Reaktionszeit anpassen, zusätzliche Bohrungen setzen, Nachverpressung.
  • Materialaustritt an unerwünschten Stellen: Leckagen abdichten, Injektionsfolge ändern.
  • Hebungen bei flächiger Verpressung: Druckschritte verkleinern, Entlastungsbohrungen vorsehen, Monitoring intensivieren.

Begriffsabgrenzung: Injektionsbohrung, Spaltbohrung und Ankerbohrung

Die Injektionsbohrung dient dem Einbringen von Injektionsmitteln und wird mittels Packern abgedichtet. Eine Spaltbohrung ist ein maßhaltiges, meist trockenes Bohrloch für Stein- und Betonspaltgeräte oder Steinspaltzylinder, in das der Spaltkeil bzw. Zylinder die notwendige Spreizkraft einleitet. Die Ankerbohrung nimmt Zug- oder Druckanker auf und wird entsprechend gereinigt und mit Mörteln oder Harzen verpresst. In der Praxis werden diese Bohrtypen oft nebeneinander verwendet: Abdichten durch Injektion, Lösen durch hydraulisches Spalten und Abtragen mit Betonzangen, abgestimmt auf Statik, Bauablauf und Umgebung.