Dehnfugen ermöglichen kontrollierte Bewegungen in Beton- und Mauerwerkskonstruktionen. Sie verhindern Zwängungen, Risse und Folgeschäden durch Temperaturwechsel, Schwinden und Setzungen. Im Rückbau und bei der Bearbeitung bestehender Bauwerke sind Dehnfugen zugleich natürliche Trenn- und Schwächungsebenen. Hier knüpfen Verfahren mit hydraulischen Werkzeugen wie Betonzangen für präzise Trennschnitte sowie hydraulische Stein- und Betonspaltgeräte an: Bauteile lassen sich entlang der Fuge präzise separieren, angrenzende Bereiche bleiben geschützt und Immissionen werden reduziert.
Definition: Was versteht man unter Dehnfuge
Unter einer Dehnfuge (auch Bewegungs- oder Dilatationsfuge) versteht man eine bewusst hergestellte Unterbrechung in Bauteilen aus Beton, Stahlbeton, Mauerwerk oder Verbundsystemen. Sie nimmt Längenänderungen durch thermische Einwirkungen, Feuchteänderungen, Kriechen und Schwinden auf. Die Fuge trennt Bauteilfelder, begrenzt Zwangsspannungen und leitet Bewegungen über elastische Dichtstoffe, Fugenbänder oder Profile. Ziel ist die Rissvermeidung, der Schutz von Abdichtungen und die dauerhafte Gebrauchstauglichkeit. In der Praxis wird zwischen echten Bewegungsfugen und Scheinfugen (Sollrissfugen durch Fugenschnitt) unterschieden.
Aufbau, Wirkprinzip und Fugenarten
Dehnfugen bestehen aus den Fugenflanken, einem Hinterfüllmaterial (z. B. Rundschnur), einem elastischen Dichtstoff oder Fugenband sowie gegebenenfalls Kantenschutz- und Lastübertragungselementen. Die Fugenbreite und -tiefe richten sich nach dem erwarteten Bewegungsvermögen, der Exposition (Wasser, Chemikalien, UV), dem Bauteilquerschnitt und der Ausführungstechnik. Typische Ausprägungen sind Bewegungsfugen in Decken- und Bodenplatten, Wandanschlussfugen, Feldbegrenzungen in Industrieböden, Brückenübergänge sowie segmentierte Abschnitte in Tunnel- und Trogbauwerken. Scheinfugen werden zeitnah nach dem Betonieren eingeschnitten, um das Schwinden zu steuern und Risse gezielt zu lenken.
Planung und Ausführung von Dehnfugen
Die Anordnung von Dehnfugen folgt der Geometrie, den Spannweiten, der Lagerung und dem thermischen, hygrischen sowie statischen Verhalten. Feldgrößen werden so gewählt, dass Bewegungen aufgenommen werden, ohne dass kritische Zwangszustände entstehen. Bei wasserbeanspruchten Bauteilen kommen innenliegende Fugenbänder zum Einsatz; bei hoch beanspruchten Verkehrsflächen sind Lastübertragungselemente und Kantenschutz sinnvoll. Für eine dauerhafte Abdichtung ist eine korrekte Fugengeometrie (z. B. 2:1-Regel zwischen Breite und Dichtstofftiefe), saubere Flanken, geeignete Primer und ein passendes Hinterfüllmaterial entscheidend. Die Ausführung orientiert sich an den anerkannten Regeln der Technik und den objektspezifischen Anforderungen.
Thermische, hygrische und lastbedingte Einwirkungen
Temperaturwechsel führen zu Längenausdehnung und -verkürzung. Schwinden und Kriechen verändern die Bauteilabmessungen über die Zeit. Auflagerbewegungen, Setzungen und Verkehrslasten erzeugen zusätzliche Verformungen. Dehnfugen entkoppeln diese Effekte, sammeln Verformungen in definierten Zonen und schützen dadurch angrenzende Bauteilabschnitte.
Dehnfugen im Betonabbruch und Spezialrückbau
Im selektiven Rückbau sind Dehnfugen wertvolle „Solltrennstellen“. Entlang bestehender Fugen lassen sich Bauteile segmentieren, ohne unkontrollierte Rissbildung zu riskieren. Bei sensiblen Umgebungen, etwa in Bestandsgebäuden mit laufendem Betrieb, eignen sich hydraulische Verfahren mit geringer Erschütterung, um Fugenbereiche gezielt zu öffnen:
- Gezieltes Ansetzen von Betonzangen an Fugenflanken zur kontrollierten Abtrennung einzelner Platten- oder Wandfelder
- Kraftkontrolliertes Spalten nahe der Fuge mit Stein- und Betonspaltgeräten, um Spannungen zu lösen und Rissverläufe zu steuern
- Schonendes Lösen von Randstreifen und Kanten ohne Beschädigung angrenzender Abdichtungen
- Vorbereitung für den Ausbau von Fugenbändern, Dichtstoffen und Profilen
Vorgehensweise und Werkzeugwahl
In der Praxis werden Fugen zunächst freigelegt, Verschmutzungen und Beläge entfernt und der Verlauf dokumentiert. Danach folgt das Öffnen oder Erweitern der Fuge: punktgenaue Zangenhübe, nachgesetzte Spaltkeile oder Zylinder führen zu reproduzierbaren Bruchbildern. Wo erforderlich, ergänzen schneidende Verfahren den Trennvorgang. Hydraulikaggregate mit präziser Dosierbarkeit versorgen die Werkzeuge mit der nötigen Energie bei gleichzeitig guter Dosierbarkeit der Kräfte.
Einsatzbereiche mit Bezug zur Dehnfuge
Betonabbruch und Spezialrückbau
Dehnfugen strukturieren den Abbruch in handhabbare Abschnitte. Durch Arbeiten entlang der Fuge sinken Erschütterungen, und angrenzende Bauteile bleiben stabil. Betonzangen greifen an den Fugenflanken an, Stein- und Betonspaltgeräte erzeugen definierte Trennrisse parallel zur Fuge.
Entkernung und Schneiden
Bei der Entkernung dienen Fugen als Start- oder Endpunkte für Schnitte. Bewegungsfugen in Bodenplatten und Decken werden lokal geöffnet, um Leitungen freizulegen oder Bauteile abschnittsweise auszubauen. Eine sorgfältige Kantenführung verhindert Schäden an Fugenbändern und Dichtstoffen.
Felsabbruch und Tunnelbau
Im Tunnelbau übernehmen Segmentfugen und Arbeitsfugen die Funktion kontrollierter Bewegungs- und Dichtebenen. Beim Rückbau oder bei Verstärkungen ist der Schutz der Fugenabdichtung wesentlich. Hydraulische Spaltverfahren können Spannungen im Randbereich abbauen, bevor gezielt entlang der Fuge getrennt wird.
Natursteingewinnung
Natürliche Klüfte im Fels verhalten sich im Abbau ähnlich wie Dehn- oder Trennfugen im Beton: Sie definieren bevorzugte Bruchflächen. Stein- und Betonspaltgeräte nutzen diese Schwächezonen, um Blöcke kontrolliert zu lösen und Formate zu steuern.
Sondereinsatz
In sensiblen Bereichen, etwa in laufenden Produktionsstätten oder denkmalgeschützten Objekten, ist die Arbeit an Dehnfugen besonders schonend zu planen. Priorität haben Erschütterungsarmut, Staubminderung und der Erhalt benachbarter Bauteile und Oberflächen.
Materialien und Bauteile der Fugentechnik
Für Bewegungsfugen kommen elastische Dichtstoffe (z. B. auf Polyurethan-, Silikon- oder Hybridbasis), vorkomprimierte Profile, Fugenbänder aus TPE oder PVC sowie Hinterfüllmaterialien zum Einsatz. Auswahlkriterien sind Bewegungsaufnahme, Haftung an den Fugenflanken, Beständigkeit gegen Wasser, Chemikalien, UV-Strahlung und Temperatur sowie Brandschutzanforderungen. Eine korrekte Dreiflankenhaftung wird durch geeignete Hinterfüllungen vermieden; die Haftflächen werden gereinigt und bei Bedarf mit Primer vorbehandelt.
Fugenschnitt, Instandsetzung und Sanierung
Scheinfugen entstehen durch Fugenschnitte kurz nach dem Erhärten, um das Schwinden zu lenken. In der Sanierung werden gealterte Dichtstoffe und eventuell beschädigte Fugenbänder entfernt, Fugenflanken nachgearbeitet und anschließend neu abgedichtet. Für die Freilegung eignen sich präzise, erschütterungsarme Methoden. Betonzangen können angewitterte Kanten ausklinken, Stein- und Betonspaltgeräte lösen anhaftende Randbereiche, ohne die Fugenflanken zu zerreißen.
Typische Fehler vermeiden
- Zu geringe Fugenbreite für das erforderliche Bewegungsvermögen
- Falsche Fugengeometrie und fehlende Hinterfüllung
- Beschädigung von Fugenbändern beim Trennen oder Abbruch
- Ungeeignete Dichtstoffe für Medien- oder UV-Belastung
- Übermäßige Wärmeeinbringung beim Schneiden mit Einfluss auf die Haftflächen
Sicherheit, Schutzgüter und Qualitätssicherung
Arbeiten an Dehnfugen erfordern die Sicherung angrenzender Bauteile, den Schutz von Abdichtungen und Brandschutzabschottungen sowie die Kontrolle von Erschütterungen, Lärm und Staub. Statische Belange sind frühzeitig zu klären. Mess- und Überwachungsmaßnahmen (z. B. Rissweiten, Setzungen) erhöhen die Ausführungssicherheit. Vorgaben aus Planung und Regelwerken sind objektspezifisch zu beachten; verbindliche Bewertungen erfolgen durch die verantwortlichen Fachplanungen.
Nachhaltigkeit und Kreislaufführung
Dehnfugen erleichtern den selektiven Rückbau, da Bauteile entlang vorhandener Trennungen gelöst werden können. Das senkt Energiebedarf und Emissionen und verbessert die Sortenreinheit beim Ausbau. Präzise Trennverfahren unterstützen Wiederverwendung und Recycling von Bauteilen und Materialien.
Bemessung und Praxiswerte im Überblick
Die Abstände und Breiten von Dehn- und Scheinfugen richten sich nach Bauteildicke, Geometrie, Exposition und Nutzung. In der Praxis werden Bodenplatten in Felder segmentiert, deren Seitenlängen das Verformungsverhalten begrenzen. Bewegungsfugen erhalten ausreichend Breite für das erwartete Dehn- und Stauchmaß, Scheinfugen werden frühzeitig geschnitten, um Schwinden zu steuern. Alle Parameter sind projektbezogen festzulegen; maßgeblich sind die anerkannten Regeln der Technik und die Vorgaben der Planung.





















